Die Rolle der
Östrogene

Östrogene sind die bekanntesten weiblichen Sexualhormone. Das Wort Östrogen oder Estrogen kommt aus dem Griechischen und steht für „Leidenschaft“ oder „Schwung“. Neben den geschlechtsspezifischen Funktionen können Sexualhormone auf viele Prozesse im Körper einwirken. So regulieren die Östrogene nicht nur die Fortpflanzungsfunktion, sondern beeinflussen viele andere Bereiche des Organismus.

Die wichtigsten Östrogene: Estradiol, Estron und Estriol

„Östrogen“ selbst ist ein Sammelbegriff. Tatsächlich werden mit dem Begriff mehr als 30 verschiedene Östrogen-Hormone zusammengefasst. Die wichtigsten Östrogene davon sind Estradiol, Estron und Estriol.

Estradiol

  • zählt gemeinsam mit Progesteron (Gelbkörperhormon) zu den wichtigsten weiblichen Sexualhormonen
  • das Verhältnis von Estradiol und Progesteron zueinander ist essenziell für die Geschlechtsdifferenzierung, die Regulierung des Menstruationszyklus sowie für den Eintritt bzw. die Aufrechterhaltung einer Schwangerschaft
  • bei Frauen steigt die tägliche Produktion von Estradiol in der ersten Zyklushälfte insbesondere in den Eierstöcken stark an (von 70 bis 150 µg auf 200 bis 400 µg), was den Eisprung auslöst
  • nach dem Eisprung fällt die Estradiolausschüttung wieder auf das übliche tägliche Niveau der zweiten Zyklushälfte ab (150 bis 300 µg)
  • mit der Perimenopause nimmt die Estradiolproduktion stetig ab und kommt mit der Menopause (Zeitpunkt der letzten Menstruationsblutung) und dem Erlöschen der Eierstockfunktion allmählich zum Erliegen
  • mit Beginn der Postmenopause (ein Jahr nach der letzten Menstruationsblutung) werden nur noch sehr geringe Estradiolmengen (5 bis 25 µg pro Tag) vor allem in der Nebennierenrinde und im Fettgewebe produziert

Estron

  • ist weniger wirksam, aber nach Estradiol das zweitstärkste Östrogen der Frau
  • kann in Estradiol umgewandelt werden und stellt dadurch vorrangig eine Speicherform des Estradiols dar
  • sein Hauptanteil wird wie Estradiol in den Eierstöcken gebildet; darüber hinaus 20 bis 30 % im Fettgewebe und in der Nebennierenrinde
  • in derPostmenopause kommt es durch die erloschene Aktivität der Eierstöcke zu einer Verschiebung des Estradiol/Estron-Verhältnisses im Blut hin zum Estron, das in dieser Lebensphase fast ausschliesslich im Unterhautfettgewebe produziert wird
  • liegt das Verhältnis vor der Menopause noch bei 2:1 von Estradiol zu Estron, so kehrt es sich in der Postmenopause zu einem Verhältnis von circa 1:2 um

Estriol

  • ist ein schwach wirksames Östrogen
  • wird hauptsächlich während der Schwangerschaft in der Plazenta (Mutterkuchen) hergestellt, weshalb es häufig als Schwangerschaftsöstrogen bezeichnet wird
  • lokal wird Estriol dennoch vielfach in Form von Vaginalcremes, -zäpfchen oder – Tabletten angewendet, beispielsweise bei entzündlichen Veränderungen der Scheidenhaut mit Gewebeschwund während und nach den Wechseljahren

Was passiert, wenn der Östrogenspiegel sinkt?

Im Verlauf der Wechseljahre kommt die Estradiolproduktion nach und nach zum Erliegen und der körpereigene Estradiolspiegel nimmt bis zum Eintritt der letzten Regelblutung (Menopause) fortlaufend ab. Der Mangel an Estradiol ist ein wesentlicher Faktor für die Beschwerden, besonders nach der Menopause (in der Postmenopause).

Oft haben Frauen bereits in der Perimenopause (Phase 1-2 Jahre vor und nach der Menopause) Beschwerden. Estradiol wird zwar noch gebildet und die Menstruation setzt noch ein, wenn auch zunehmend unregelmässig.

Als Auslöser werden die starken Schwankungen sowohl des Estradiol- als auch des Progesteronspiegels vermutet. Denn die Eierstöcke sind immer weniger aktiv. Die Ausschüttung von Östrogen und Progesteron nimmt laufend ab. Der Organismus versucht auszugleichend zu wirken, indem das Gehirn in dieser Phase entsprechend vermehrt, die Hormone FSH (Follikelstimulierendes Hormon) und LH (Luteinisierendes Hormon) ausschüttet. Damit sollen die Eierstöcke zur Hormonproduktion angeregt werden. Weil die Menge an Progesteron nun bereits sehr niedrig ist, steigt Folge dessen der Estradiol-Spiegel teilweise sehr hoch an, was mitunter zu Beschwerden, wie Brustspannen und -schmerzen, führt. Fallen die erhöhten Estradiol Spiegel mit Eintreten der Menstruation wieder ab, kann dies vermehrt mit Hitzewallungen und Schweissausbrüchen verbunden sein.

Allerdings führt der sinkende Östrogenspiegel nicht bei allen Frauen in den Wechseljahren zu Beschwerden. Ein Drittel der Frauen kommt ohne klimakterische Symptome durch die Wechseljahre, während die anderen zwei Drittel unter leichten bis hin zu starken Beschwerden leiden

Auswirkungen der Hormonschwankungen

Durch die Hormonschwankungen gerät unter anderem das vegetative Nervensystem aus dem Gleichgewicht. Es steuert die unbewusst ablaufenden Körperfunktionen, wie den Herzschlag, die Atmung und den Stoffwechsel.

Dieses Ungleichgewicht führt zu den charakteristischsten, häufigsten und belastendsten Symptomen der Wechseljahre, wie:

  • Hitzewallungen
  • Schweissausbrüche
  • Herzrasen
  • Schwindel
  • Verstopfung

Auch psychovegetative Symptome können auftreten, wie:

  • Schlafstörungen
  • depressive Verstimmungen bis hin zu Depressionen
  • Panikattacken/Angststörungen
  • innere Unruhe und Reizbarkeit

Ein Östrogenmangel kann der Grund für bestimmte Symptome sein, wie:

  • ein erhöhter pH-Wert in der Vagina, was zu Brennen und Jucken führen kann
  • eine gestörte Vaginal-Flora, was den Eintritt von Keimen erleichtert und Folge dessen vermehrt zu Harnwegsinfekten führen kann
  • eine eingeschränkte Funktionalität der Schleimhäute, was Inkontinenzbeschwerden begünstigt

Die nachlassende Wirkung der Östrogene beeinflusst zudem den Kollagenaufbau, die Durchblutung und die Versorgung von Flüssigkeit in den Gelenken. Dies kann zu folgenden Effekten führen:

  • vermehrte Versteifung der Gelenke
  • Wegfall gewisser entzündungshemmender und schmerzhemmender Wirkung durch die Östrogene
  • was wiederum Gelenkschmerzen verursachen kann

Die sinkende körpereigene Produktion von Estradiol ihrerseits kann in den Wechseljahren zu einer abnehmenden Schutzwirkung vor verschiedenen Erkrankungen führen. Bei Frauen ab circa 50 Jahren steigt so beispielsweise das Risiko für das Auftreten von:

  • Osteoporose und Osteoporose bedingten Frakturen, da der Knochenabbau den Knochenaufbau überwiegt
  • Arteriosklerose, da der positive Effekt der Östrogene auf Gefässe, Entzündungsreaktionen und Blutdruck nicht mehr gegeben ist
  • Herzinfarkt und Schlaganfall durch arteriosklerotische Veränderungen der Gefässe
  • Demenzerkrankungen: Hier wird ein Zusammenhang mit dem Östrogenmangel vermutet, unter anderem weil der schützende Einfluss von Östrogen auf die Neuronen und die regulierende Wirkung auf die Energieversorgung im Gehirn sinkt
Clearing Number:
CH-OES-2300011
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